Damit spricht er wieder einmal
vielen Freundinnen und Freunden unserer Stadt aus dem Herzen. Bedarf es nun noch
weiteren Aufschiebens, Abwägungen oder Zauderns?
Seit seinem Amtsantritt hat
Oberbürgermeister Mike Schubert den Stadtkanal und seine Rückgewinnung als sein
zentrales Projekt erkoren. Nun könnte es endlich losgehen. Seit 10 Jahren liegt
das fertige Projekt ausführungsreif in der Schublade. Von der Kellertorbrücke
bis zur Berliner Straße ist alles geplant und abgestimmt samt Brücke und Uferbefestigungen.
Keine Leitungsquerungen mehr, lediglich die inzwischen abgelaufenen
Genehmigungen müssten neu erteilt werden. Damit auch frisches Havelwasser im
Stadtkanal fließen, kann ist das zugehörige Pumpwerk auch bereits fertig
installiert. So wäre weiteres Thema praktisch nebenbei gelöst – der
Kanalsprint.
„Am Mute hängt der Erfolg“, sagte
einst Fontane.
Stadkanal Teilstück geflutet
Seien Sie mutig Herr Schubert! Schlagen
Sie ein, in die gereichte Hand! Die Aussichten sind glänzend. Die Bürgerinnen
und Bürger wünschen sich Politiker, die beherzt voran schreiten. Am Minsk wurde
auch der jahrelange Stillstand durch die Initiative von Herrn Plattner beendet.
Warum nicht auch am Stadtkanal? Seine Hilfe würde auch ein deutschlandweites Zeichen
setzen für die Wiederbelebung des bürgerschaftlichen Engagements zur
Verwirklichung dieses Potsdamer Traumes. Es wird noch der Hilfe vieler
bedürfen!
Danke Herr Plattner für dieses
Angebot. Potsdam kann sich glücklich schätzen.
Deshalb wollen wir zu den Träumereien eines Erhalts des abbruchreifen Rechenzentrums mal die Fakten gegenüberstellen.
TEIL I: Rechtliche Problematik: Dem gesamten Quartier mit Plantage Garnisonkirche und ehemalige Feuerwehrwache liegt der Bebauungsplan Nr. 1 „ Neuer Markt/Plantage“ aus 2014/2015 zugrunde.
Bebauungsplan Nr. 1 Neuer Markt/Plantage
Anlass und Ziel des Bebauungsplanes Nr. 1 ist eine durchgreifende städtebaulich-nutzungsstrukturelle Neuordnung im Sinne der Wahrung und Wiedergewinnung des historischen Stadtgrundrisses im Planungsgebiet. Dementsprechend Abriss und Beseitigung des DDR-Rechenzentrums und Wiederaufbau der Garnisonkirche mit Turm und Kirchenschiff.
Somit sind Abweichung von den Festlegungen des Bebauungsplanes nach § 31 Bau-Gesetzbuch nicht möglich, weil ein wie auch immer gearteter Erhalt des RZ diesem Planungsziel entgegenstehen würde.
Es bliebe nur eine Änderung des Bebauungsplanes, über die es mit Sicherheit aufgrund von Einsprüchen und Einlegen von Rechtmitteln der Nachbarn zu erheblichen Zeitverzögerungen der Neubebauung des gesamten Quartieres, nicht nur des Rechenzentrums, kommen würde. Die langjährigen gerichtlichen Auseinandersetzungen um den Bebauungsplan Uferweg Griebnitzsee lassen grüßen!
Hinzu kommen die Verpflichtungen der Stadt aus dem Vertrag mit der Stiftung Garnisonkirche über den Erhalt des RZ, bei dem nach langen und gründlichen Diskussionen in Potsdam parteiübergreifend der Kompromiss errungen worden war, dass Künstler und Kreative das abbruchreife RZ für über acht Jahre zu Sonderkonditionen als Übergangsquartier nutzen können.
Nicht zu vergessen die Subventionen von bisher knapp 1.000.000 € aus dem Haushalt der LHP, um das RZ bau- und brandschutztechnisch nur funktionserhaltend zu ertüchtigen. Das wird auch noch nicht das Ende bis 2023 sein!
Auch diese Idee, das Gebäude eines sanierten RZ auf den städtischen Grundstücksteil zu beschränken und das Grundstück der Stiftung gewissermaßen herauszuschneiden, ist immer wieder an die Stadt herangetragen worden – leider in Unkenntnis der Abstandsflächen bzw. der Feuerwehrumfahrten, die bauordnungsrechtlich hier zu beachten sind.
Und auch nicht zu vergessen, der Stadtkanal, dessen Weiterbau der Teil des RZ an der Dortustraße im Wege steht.
TEIL II: Wirtschaftlichkeit und Verschwendung von Steuergeldern
Selbst wenn nach vielen Jahren
der Bebauungsplan geändert worden würde, bleibt da noch die Frage der
Wirtschaftlichkeit des Erhalts und der notwendigen Sanierung des RZ gegenüber
der Alternative als zweiter Teil des Kompromisses, dass ein neues Kunst- und
KreativQuartier direkt östlich der Garnisonkirche hinter dem Portal des Langen
Stalls auf dem Areal der Alten Feuerwache entstehen soll.
Für beide Varianten gibt es
inzwischen verlässliche Zahlen:
Sanierung würde auch immer bedeuten, dass man zumindest übergangsweise Räume für die Künstler und Kreativen benötigen würde, denn eine Sanierung des DDR-Baus bei laufendem Betrieb wäre vermutlich nur sehr eingeschränkt möglich.
Die Kaltmiete vor Ort würde bei einem theoretischen Kompletterhalt des RZ auf Werte zwischen 10,27 bis 12,63 Euro pro Quadratmeter steigen. Dem Erhalt müsste die Stiftung Garnisonkirche aber zustimmen.
Ein teilweiser Rückbau würde je nach Variante zwischen 7,3 und 8,7 Mio. € Sanierung kosten, aber zur Deckung dieser geschätzten Kosten mit weniger vermietbarer Fläche eine deutliche Steigerung der Nettokaltmiete auf 15 € bis 24 € pro Quadratmeter bedeuten.
2. Bau des KKQ durch den privaten Investor Glockenweiß GmbH, der am 29. Januar 2020 mit Mehrheitsbeschluss die Anhandvergabe des Grundstückes für sein Angebot eines „Creative Villages“ als KKQ mit einer Nutzfläche für die Künstler und Kreativen von 7.640 m² anstelle der heutigen 5.000 m² Nutzfläche im RZ.
Entwurf Glockenweiß GmbH
Dafür muss Glockenweiß bei endgültigem Zuschlag ein Kaufpreis für das Grundstück von 10,35 Mio. € an die Stadt zahlen! Dieser Grundstückspreis errechnet sich auf Grund eines Festpreises von 488 €/m² bebaubarer Geschossfläche von 21.200 m². Dieser Festpreis für das Grundstück ist vorgegeben und subventioniert die Nettokaltmiete von 9,00 €/m², die für 20 Jahre garantiert ist und die im Grundbuch abgesichert wird.
Im Vergleich der beiden Varianten
zeigt sich:
Der Erhalt und die notwendige Sanierung des Rechenzentrums kostet der Stadt mindesten 10,65 Mio. €.
Der Neubau eines Kunst- und KreativQuartiers mit Nutzung durch die Künstler und Kreativen in der Mitte unserer Stadt, bringt der Stadt eine Einnahme von 10,35 Mio. €.
So weit so gut – diese Anhörung jedoch hinterließ bei vielen
einen faden Geschmack. Denn wer dabei war, dem wurde bald klar, dass es sich
nur um eine Anhäufung gleichgeschalteter, interessengesteuerter, stark
vernetzter Gruppen handelte, die allesamt Garnisonkirchen Gegner waren.
Auch gut, das ist legitim in einer Demokratie, dass man sich vernetzt.
Nur, wo blieb die Ausgewogenheit der Vortragenden? Es waren geladen für einen 5 Minuten Beitrag:
Die Nächsten, BI Potsdam ohne Garnisonkirche, Antimilitaristischer Förderverein, Rechenzentrum, Für e. V., Stadtjugendring – alles Gegner der Garnisonkirche, die sogar teilweise für den Abriss des Turmes votierten. Dazu der Kirchenkreis, der kein Schiff wollte, der Förderverein Garnisonkirche und die Stiftung der Garnisonkirche, die sich beide auffallend bedeckt hielten.
Einzig und allein Mitteschön stand zum originalen
Kirchenschiff und hatte dafür auch schon genaue Vorstellung zur Nutzung
eingereicht.
Das man bei dieser Mischung den Kürzeren zieht war klar.
Man sollte sich mal fragen, warum man nicht andere
Gruppierungen eingeladen hatte, die auch ganz nah am Thema dran sind. Zum
Beispiel die Vereine zum Stadtkanal. Die hätten nämlich, bliebe das
Rechenzentrum stehen, was ja ausgemachtes Ziel der gegnerischen Parteien war,
enorme Schwierigkeiten irgendwann das Kanalbett da wieder lang zuführen. Warum
wurde nicht die BI Plantage, die sich mit dem unmittelbaren Umfeld befasst
eingeladen Wo blieb das Bündnis Potsdamer Mitte? Wo blieb die Nagelkreuz Gemeinde mit ihren
130 Mitgliedern? Sie alle wurden nicht eingeladen!
Nein, dafür durften die NÄCHSTEN ihr Statement abgeben, eine
Gemeinde, die nicht mal 10 Mitglieder zählt.
Es wurde schwerpunktartig über geschichtliche Verstrickungen geredet und die Garnisonkirche als “gotteslästerliche Bude“ bezeichnet. Kein einziges Wort über den neuen geplanten Inhalt, Schönheit oder gar Stadtgestaltung!
Alles in allem war es für mich kein Fundament für eine reelle Einschätzung der Gemengelage zu diesem Thema in Potsdam. Ich fand es gespenstisch und grotesk!
Horst Prietz Erster Vorsitzender des Kulturausschusses der Potsdamer SVV nach der Wiedervereinigung
Foto: MAZ Horst Prietz
Als „La Fenice“ 1996 abbrannte, waren sich alle einig und einer
verkündete es am nächsten Tag: “Sie wird, wie sie war, wiederaufgebaut“. Damit
wurde jahrelangem Debattieren wie hier in Potsdam um das Wie, Wann, Wieso
überhaupt und wenn schon, dann zeitgenössisch – also modernistisch verbrämt und
verfälscht – kein Nährboden gegeben.
Die Venezianer und die Kulturwelt hatten sich verstanden, das
berühmte Opernhaus sollte, wie es war, wieder aufgebaut werden und so entstand
es wie Phönix aus der Asche.
Aber welche Peinlichkeiten erleben wir in Potsdam, wenn es um die
Garnisonkirche geht – hier wird immer wieder von neuem palavert und das
mitunter bis hinein in die kontraproduktiven Niederungen. Dabei ist zu
erkennen, dass die Gegner einfach nicht fähig sind den nationalistischen
Ballast von dieser architektonisch wunderschönen Kirche abzuwerfen und Potsdams
Genesung als geschichtliches Ganzes frohgemut entgegen zu sehen. Und denen, die
da sagen das Rechenzentrum sei ihnen lieber sei ins Buch geschrieben was der
Ministerpräsident Dietmar Woidke in seiner Trauerrede zu Manfred Stolpe sagte:
“Die Denkmale sind die Zeugen unserer Landesgeschichte”. Solche Worte künden
von Verantwortung auch für unser Potsdam. Und die Willenserklärung der
Stadtverordneten zum Wiederaufbau war genau von diesem Geist getragen.
Übrigens: beim Stadtschloss war die Diskussion nicht viel anders
und heute spazieren die ehemaligen Gegner mit ihrem Besuch hierher, um es ihm
zu zeigen, auch das Barberini, weil sie wissen, dass Potsdam nicht von der
belanglosen Architektur der Bauten der Neuzeit partizipiert, sondern wie
anderswo auf der Welt auch von denen der Geschichte, also unserem Erbe.
Und das sei denen aus der Subkultur ebenfalls verdeutlicht: es
geht ihnen in Potsdam nur gut, weil es Potsdam gut geht und es geht Potsdam nur
gut, weil es eben von seiner kulturellen und architektonischen Pracht
partizipiert und Menschen von nah und fern anzieht, selbst Wissenschafts- und
Wirtschaftsunternehmen/Institute siedelten sich in jüngere Zeit an, weil sie Potsdam
aus diesem Grund präferieren – so kommt Geld in die Stadt, das eben auch den
vielen Künstlern als Zuwendung zur Verfügung gestellt werden kann – ohne die
Ausstrahlung Potsdams wäre es “dünner”!
Und keiner will über diesen für Potsdam peinlichen Streit
begreifen, wie sehr das worüber in letzter Zeit und eigentlich immer wieder
hemmungslos und selbstdarstellerisch palavert wird, Teil unseres Kulturerbes
ist, welcher Anspruch auf eine unverfälschte Darstellung hat. Niemand erwartet,
dass sich jeder vor unserer Geschichte verneigt, zumal viele von uns diese auch
zum großen Teil leidvoll erfahren haben, aber für unser schönes Potsdam sollte
man fähig sein Größe zu zeigen, Größe die für kulturellen Leistungen, die einer
Kulturstadt würdig sind.
Oh, ihr Venezianer, ihr habt La Fenice in acht Jahren wieder
aufgebaut – hier dagegen palaverte man schon vor euch und jetzt noch immer.
Auch ihr Dresdner habt eure Frauenkirche mit Vernunft und Fleiß
wiederaufgebaut.
Kann denn niemand in Potsdam über seinen Schatten springen und für
diese im Krieg so verwundete Stadt ein aus der Vernunft geborenes Zeichen des
Aufeinander Zugehens setzen, damit unser aller Kulturerbe, welches Teil des
europäischen Kulturgutes ist, seine weitere Genesung erfährt.
Als ich den Wiederaufbau der Garnisonkirche, des Stadtschlosses –
also des historisch sensiblen Altstadtbereiches – thematisierte und
fraktionsübergreifend die Willenserklärung zum Wiederaufbau 1991 demokratisch
beschlossen wurde, sprach niemand von einer halben Kirche, also es wurde nichts
von Änderungen am Baukörper, auch nicht an der Turmspitze zum Bestandteil der
Bekundung, weil klar war, dass ein Kulturerbe auch nicht in Teilen verändert
werden darf. Dabei handelten wir in historischer Verantwortung in der Gegenwart
für die Zukunft dieser Stadt.